- 1996/97
- dogfilm für ZDF/ARTE Themenabend
- DV/ Betacam SP
- Länge: 3.30 Std.
Von der Redaktion ZDF Das kleine Fernsehspiel / ARTE wurde dogfilm gebeten, einen Themenabend vorzuschlagen. Es entstand die Idee, den kulturell ambitionierten Sendeplatz auf ARTE mit einer Fernsehform zu konfrontieren, die auf allen anderen Sendern "Quote bringt".
Der Themenabend "Soap" gab uns die Möglichkeit, uns dem "Prinzip Soap" von unterschiedlicher Seite zu nähern: dokumentarisch und fiktiv, politisch und privat, spielerisch und analytisch. Für den gesamten Abend wurde eine Struktur entwickelt, die formale Aspekte, das Episodenhafte, die Pausen und ein eigenes Layout mit einbezog. Vermischungen zwischen Fiktion und Realität waren beabsichtigt und nicht zufällig.
Wenn wir vom "Prinzip Soap" sprechen, dann meinen wir nicht nur ein eng begrenztes Genre, sondern eine serielle Parallelwelt im Fernsehen, die unser Leben teilweise über Jahre begleitet, beeinflußt, karikiert. Diese Welt ist nicht nur interessant durch ihre speziellen Stilmittel und ihre Bezugnahme auf "Alltägliches", sondern durch den Spalt, der sich auftut zwischen dem "Leben auf der Überholspur" (Romantitel "Beverly Hills 90210") und dem Alltag der meisten Leute. Das "Prinzip Soap" steht für ein Leben in Episoden, Krisen, aus denen es nur scheinbare Auswege gibt, eine Realität, die sich ständig zwischen zwei "Cliffhangern" befindet.
Lange wurde das Serienpublikum immer nur als passive, manipulierbare Masse wahrgenommen, suchtgefährdet und unkritisch. Neuere Untersuchungen behaupten dagegen, die persönliche Involviertheit könne durchaus zu einer positiven kritischen Interaktion zwischen Drehbuchautor*innen und Publikum führen. Die Vermischung von Fernsehrealität und dem, was sich vor noch nicht allzu langer Zeit schlicht "Wirklichkeit" nannte, geht jedoch weit darüber hinaus, z.B. Dr. Wussow einen Brief in die Schwarzwaldklinik zu schreiben. Die Methoden, diesen Spalt zwischen zwei Formen der Realität für eine Weile zu schließen, sind viel subtiler und betreffen eigentlich alle: Zuschauer*innen, aber auch Schauspieler*innen, Drehbuchautor*innen, Regisseur*innen und vielleicht Produktionsfahrer*innen.
Jede Serie verkörpert eine eigene Welt, wir erleben das Auf und Ab einer Familie, einer Hausgemeinschaft, einer Clique oder einer Krankenhausstation. Darin verpackt jedoch vermitteln sich Lebensstile und Ideologie, orientiert an der Zielgruppe. In den USA gibt es neben den Serien für die weißen Upper-Class-Kids auch die schwarze Sitcom, die das Leben in Harlem zu einer malerischen Exotik mitten in New York verklärt. In Kasachstan wird eine Soap von den britischen "Entwicklungshelfer*innen" als Starthilfe ins kapitalistische Wirtschaftssystem produziert. Gerade konservative Politiker*innen haben schon lange erkannt, daß es nichts Systemerhaltenderes gibt als eine Seifenoper, die uns zeigt, dass unsere Werte die richtigen und unsere Moral durchaus nicht überholt ist.
Nur wenige Serien vermitteln bisher das gegenteilige Prinzip, beunruhigen uns oder stören sogar die gemütliche Ruhe vor dem Fernseher.
Dass "die wahre", "die authentische" Realität auch nicht ohne Inszenierung auskommt, ist mittlerweile Konsens. Das Super-8-Material einer Berliner Familie kann sich zu einer Seifenoper verdichten, die zwischen Kleingartenkolonie und Familienfest spielt.
Soap Around the World
- 1996/97
- dogfilm für ZDF/ARTE Themenabend
- DV/ Betacam SP
- Länge: 120 Min.
"Soap Around The World" ist eine Reise durch die Parallelwelten des Alltags, die sich Tag für Tag oder Woche für Woche um den Globus spannen. Es geht darum, die Bedingungen, unter denen Serien in den verschiedenen Ländern produziert und gesehen werden, zu untersuchen und darüber hinaus die Frage nach der gesellschaftlichen und politischen Wirksamkeit dieser Realitätsentwürfe zu stellen. Von Hollywood, das die Versprechen, die US-Serien täglich über die Welt streuen, weder einhalten kann noch will, über Kasachstan, wo die TV-Serie, selbst ein Produkt der effektiven Marktwirtschaft, eben dieser zum Durchbruch verhilft, führt diese Frage bis nach Nigeria, wo eine Sitcom mit dem Mittel der Satire das politische und soziale System als Ganzes in Frage stellt.
"Soap Around The World/ Archiv: Harvey Elentuck moderiert P & G"; Länge: 11.20 Min.
Der New Yorker Soap-Fan und Sammler Harvey Elentuck hat durch die Serien des amerikanischen Seifenkonzerns Procter & Gamble lesen gelernt. Heute spielt er auf seiner Heimorgel eigene Interpretationen der berühmten Titelsongs von "The Guiding Light" und "Search for Tomorrow". Eine Kompilation aus den Tiefen der Soap-Archive und einem Besuch bei Harvey Elentuck.
"Soap Around The World/ Teil 1: Berlin - Los Angeles"; Länge: 22.26 Min.
Fünf Fans der Trendserien "Beverly Hills 90210" und "Melrose Place" auf der Suche nach ihren Traumwelten in Hollywood. Eine Odyssee vom Haus des Serienmoguls Aaron Spelling über Malibu Beach in die Melrose Avenue. Am Ende doch noch das ersehnte Interview mit Darren Star, dem Autoren der Serien.
"Soap Around The World/ Teil 2: Los Angeles - New York - Tijuana"; Länge: 15.30 Min.
Die Barragans, eine mexikanisch-amerikanische Familie aus Los Angeles, führen weiter in den Schoß der großen Familie der mexikanischen Telenovela. In einem Strudel aus Leidenschaft, Drama und Intrigen erscheint Pedro Font, Vizepräsident des mexikanischen Medienkonzerns Televisa und prophezeit eine globale Zukunft der Gefühle. In Tijuana verschwimmen die Grenzen zwischen mexikanischer Realität und "Maria aus dem Slum".
"Soap Around The World/ Archiv: Coronation Street"; Länge: 05.09 Min.
Coronation Street - eine fiktive Arbeitersiedlung irgendwo im Norden Englands. Seit 1961 verfolgen nicht nur eine Mehrzahl der Brit*innen die Schicksale der "working class community", deren Mitglieder weder "reich" noch "schön" im gängigen amerikanischen Sinne des Genres sind.
"Soap Around The World/ Teil 3: Alma Ata - London"; Länge: 23.02 Min.
Von London aus führt die Spur nach Alma Ata in Kasachstan. Der "Know How Fund" des britischen Außenministeriums finanzierte die erste kasachische Seifenoper, die das Prinzip Marktwirtschaft bei der Bevölkerung durchzusetzen hilft. Britische Bankerinnen treffen auf russische Filmkünstler*innen in den "Kazhak Film Studios", in denen schon Sergej Eisenstein "Iwan der Schreckliche" drehte.
"Soap Around The World/ Teil 4: Köln - München"; Länge: 12.10 Min.
Seit zwölf Jahren wird die deutsche Realität in der "Lindenstraße" aufbereitet und kommentiert. Der Produzent und Autor Hans W. Geissendörfer diskutiert mit sich selbst über die politischen Möglichkeiten einer Serie, Themenverschleiss und die Utopie hinter der "Lindenstraße", deren verlassene Kulissen zu einer Geisterbahn des bundesdeutschen Alltags werden.
"Soap Around The World/ Archiv: Ken Saro Wiwa"; Länge: 05.11 Min.
Kompilation aus Archivmaterial zur nigerianischen Widerstandsbewegung "MOSOP", dem Kampf gegen den Ölmulti "Shell" und einem Interview mit Ken Wiwa, dem Sohn des nigerianischen Bürgerrechtlers und Schrifstellers Ken Saro Wiwa, der 1995 von der nigerianischen Militärdiktatur zum Tode verurteilt und hingerichtet wurde.
"Soap Around The World/ Teil 5: Berlin - Lagos - Port Harcourt"; Länge: 16.22 Min.
Vier Jahre lang war die Serie "Mr. Basi & Company", geschrieben und produziert von Ken Saro Wiwa, in Nigeria ein wöchentliches Großereignis. Ken Wiwa erklärt die Bedeutung der Figur Mr. Basi für Tausende von Nigerianer*innen, die, des sozialen Netzes ihrer Heimatdörfer beraubt, in Lagos ums tägliche Überleben kämpfen. In Berlin reflektieren drei Nigerianner*nnen über die Serie, deren satirischer Humor die politische Situation in Nigeria offenlegt.
Für ein Video dieser Produktion wenden Sie sich bitte mit der Anfrage an dog@dogfilm.de.
My Life Is A Soap Opera
- 1996/97
- dogfilm für ZDF/ARTE Themenabend
- DV/ Betacam SP
- Länge: 35 Min.
Drei Frauen, deren Leben auf völlig unterschiedliche Art von dem Phänomen Seifenoper geprägt wird. Melodie schlüpft in ihre beiden Rollen als Psychoanalytikerin und Schauspielerin und analysiert die dramatischen Inszenierungen, die Sucht nach dem "High" und die Dramaturgie, die wir selbst unserem Leben verpassen. Carola beamt sich aus Sachsen direkt in ihre Lieblingsserie "Dallas" oder zum Talk mit "Roseanne". Und Ewa, die so aussieht wie Pamela Anderson, würde am liebsten die Laura Palmer in "Twin Peaks" spielen. Jede dieser drei Frauen lebt in ihrem eigenen, persönlich gestalteten Kosmos, in dem die Realität manchmal mit ihren seriellen Parallelwelten zusammenstößt. Der jeweilige "Stil" der einzelnen Portraits wurde daher sehr unterschiedlich gewählt und z.T. mit den Protagonistinnen gemeinsam entwickelt.
CAROLA
Carola Möbius aus Kriebethal in Sachsen guckt bis zu fünfzehn Serien am Tag. In dieser Parallelwelt zu ihrem eigenen Alltag wird sie jedoch nicht zum bemitleidenswerten couch potatoe, sondern entfaltet viele ihrer verschiedenen Persönlichkeiten, sei es in "Dallas" oder als Fan und potentielle Mitstreiterin der amerikanischen "fat white bitch" "Roseanne".
EWA
Ewa arbeitet für eine Berliner Agentur als Doppelgängerin von Pamela Anderson. Ihr größter Traum ist es, sich von der doppelten Identität zu befreien, nach Hollywood zu gehen und ihre Traumrolle zu spielen: die Laura Palmer aus "Twin Peaks". Nach einem kurzen Augenblick des Glamours gerät der Auftritt im roten Badeanzug in einer Diskothek zum Alptraum.
MELODIE
Melodie Somers als Schauspielerin und Psychoanalytikerin spricht in verschiedenen Rollen über das Phänomen Seifenoper. Die tägliche Inszenierung des eigenen Lebens als dramatische Serie. Die Figur des Schauspielers oder der Schauspielerin im Rausch der Abfolge von glanzvollem Spiel und Absturz in die Realität.
Für ein Video dieser Produktion wenden Sie sich bitte mit der Anfrage an dog@dogfilm.de.